Aufhebung des Erbscheins (Verlassenschaftsurkunde)

Was ist ein Erbschein (Verlassenschaftsurkunde)?

Der Erbschein ist ein Dokument, das vom Friedensrichter (Amtsgericht) oder von Notaren ausgestellt wird, um nach dem Tod einer Person die erbberechtigten Personen festzustellen. Jeder, der glaubt, Erbe zu sein, kann beim Notar oder beim Amtsgericht (Friedensgericht) die Ausstellung eines Erbscheins beantragen.
Die Notare prüfen den Antrag über das zentrale System, identifizieren den Erblasser sowie die Erben und stellen daraufhin den Erbschein aus.

Wie erhält man einen Erbschein vom Notar?

Man geht mit einem Ausweisdokument, auf dem die türkische Identifikationsnummer (T.C. Kimlik Numarası) vermerkt ist, sowie – falls die Antragstellung durch eine Vertretung erfolgt – einer Vollmacht oder einem Gerichtsbeschluss zum Notar. Außerdem benötigt man die türkische Identifikationsnummer der verstorbenen Person (falls diese Information nicht vorliegt, wird sie vom Notar ermittelt).
Beim Notar wird ein Antragsformular ausgefüllt und unterschrieben. Der Erbschein wird vom System innerhalb von etwa drei Minuten erstellt und anschließend vom Notar beglaubigt.
Wenn bei Ihren oder Ihrer Angehörigen Meldedaten Unstimmigkeiten festgestellt werden, informiert Sie der Notar und verweist Sie an das Einwohnermeldeamt (Nüfus Müdürlüğü). Nachdem die Meldedaten korrigiert wurden, können Sie erneut beim Notar den Antrag stellen.

Fälle, in denen der Erbschein nicht vom Notar ausgestellt werden kann:

  1. Wenn die Abstammung zwischen dem Erblasser und der Person, die den Erbschein beantragt, nicht festgestellt werden kann,
  2. oder wenn zwar eine Abstammung besteht, die Person jedoch kein gesetzlicher Erbe ist.
  • Wenn die verstorbene Person,
  • ein Testament hinterlassen hat,
  • vor dem 04.04.1926 verstorben ist,
  • vor dem 23.11.1990 verstorben ist und der Ehepartner noch lebt,
  • Wenn die verstorbene Person oder einer der Erben,
  • am selben Tag wie ein anderer Erbe verstorben ist,
  • als verschollen („GAİP“) gilt,
  • adoptiert ist,
  • die Staatsbürgerschaft aberkannt bekommen hat oder mehrere Staatsbürgerschaften besitzt,

Wenn gemäß dem Notargesetz ein Hindernis für die Ausstellung des Erbscheins festgestellt wird, stellt der Notar Ihnen eine „Ablehnungsbescheinigung“ mit Begründung aus und verweist Sie an das Amtsgericht (Friedensgericht).

Anfechtungsklage gegen den Erbschein (Verlassenschaftsurkunde)

Die Angaben im Erbschein spiegeln nicht immer die tatsächlichen Verhältnisse wider. In solchen Fällen ist es notwendig, eine Anfechtungsklage gegen den Erbschein (Verlassenschaftsurkunde) zu erheben, um Rechtsverluste zu vermeiden. Wie in Artikel 598 des türkischen Zivilgesetzbuchs Nr. 4721 festgelegt ist, „kann die Ungültigkeit des Erbscheins jederzeit geltend gemacht werden“.

In welchen Fällen kommt eine Anfechtung des Erbscheins in Betracht?

Die Anfechtung des Erbscheins (Verlassenschaftsurkunde) kann in zwei Fällen in Betracht gezogen werden:

  1. Juristischer Fehler im Erbschein
  2. Sachlicher Fehler im Erbschein

Zum Beispiel kann es vorkommen, dass ein Erbe im Erbschein nicht aufgeführt ist, eine nicht erbberechtigte Person als Erbe erscheint oder die Erbanteile falsch angegeben sind. In solchen Fällen kann die Anfechtung des Erbscheins beantragt werden.

Wer kann die Anfechtungsklage gegen den Erbschein (Verlassenschaftsurkunde) erheben?

Erben erwerben das Erbe als Ganzes kraft Gesetzes mit dem Tod des Erblassers. Daher kann jeder, der das Recht auf Erbschaft erlangt hat – unabhängig davon, ob sein Name im Erbschein genannt wird oder nicht – diese Klage erheben.

Gegen wen wird die Anfechtungsklage gegen den Erbschein (Verlassenschaftsurkunde) erhoben?

Gemäß Artikel 382 der Zivilprozessordnung Nr. 6100 gehört die Ausstellung des Erbscheins zu den streitlosen Verfahren. Deshalb wird die Klage ohne gegnerische Partei erhoben. Die Anfechtung des Erbscheins hingegen ist ein streitiges Verfahren. Als Beklagte können alle Personen auftreten, die im Erbschein als Erben aufgeführt sind. Da es in der Praxis hier häufig zu Verwechslungen kommt, ist Vorsicht geboten.

Zuständiges und sachlich befugtes Gericht

Im Anfechtungsverfahren gegen den Erbschein sind die sachlich zuständigen Gerichte die Zivilgerichte (Asliye Hukuk Mahkemeleri). Die örtliche Zuständigkeit liegt entweder beim Gericht des letzten Wohnsitzes des Erblassers oder bei den Gerichten der jeweiligen Wohnsitze der Erben.

Verjährung und Ausschlussfrist im Anfechtungsverfahren gegen den Erbschein

Wie oben erwähnt, kann gemäß Artikel 598 des türkischen Zivilgesetzbuchs Nr. 4721 „die Ungültigkeit des Erbscheins jederzeit geltend gemacht werden“. Daher gibt es keine Verjährungsfrist oder Ausschlussfrist.

Rechtsprechungen des Kassationshofs (Yargıtay) zur Anfechtungsklage gegen den Erbschein

„Nach dem Antrag der Kläger gegen die Beklagten vom 02.12.2008 auf Anfechtung des Erbscheins und der daraufhin durchgeführten Verhandlung wurde das Urteil vom 19.03.2013 zugunsten der Klage erlassen. Die Revision wurde von dem Vertreter des Beklagten beantragt und als fristgerecht anerkannt. Nach Annahme der Revisionsschrift wurde die Akte samt aller darin befindlichen Unterlagen geprüft und entsprechend entschieden:“

ENTSCHEIDUNG

Die Klage bezieht sich auf die Feststellung des richtigen Erbscheins und die Anfechtung des falschen Erbscheins.

Der Kläger gab an, dass der Erbschein des Friedensgerichts … mit dem Aktenzeichen 2006/318, Entscheidungsnummer 2006/632 vom 04.07.2006 und der Erbschein des Friedensgerichts … mit dem Aktenzeichen 1982/538, Entscheidungsnummer 1986/294 vom 13.05.1986 widersprüchlich seien. Er beantragte die Feststellung des richtigen Erbscheins und die Anfechtung des falschen Erbscheins sowie, falls beide Erbscheine falsch sein sollten, die Ausstellung eines neuen Erbscheins.

Einige Beklagte haben die Feststellung der tatsächlichen Erben beantragt.

Das Gericht hat der Klage stattgegeben, den Erbschein des Friedensgerichts … mit dem Aktenzeichen 2006/318, Entscheidungsnummer 2006/632 vom 04.07.2006 aufgehoben und festgestellt, dass der Erbschein des Friedensgerichts … mit dem Aktenzeichen 1982/538, Entscheidungsnummer 1986/294 vom 13.05.1986 richtig ist.

Das Urteil wurde von dem Vertreter des Beklagten … angefochten, mit der Begründung, dass der Erbschein des Friedensgerichts … mit dem Aktenzeichen 2006/318, Entscheidungsnummer 2006/632 vom 04.07.2006 richtig sei.

„Nach Einlegung der Akten des Friedensgerichts … mit dem Aktenzeichen 2006/318, Entscheidungsnummer 2006/632 sowie des Friedensgerichts Muğla mit dem Aktenzeichen 1982/538, Entscheidungsnummer 1986/294 in die Akte wurde am 03.07.2017 einstimmig beschlossen, die Akte zur weiteren Überprüfung der Revision an die örtliche Instanz zurückzuverweisen.“

„Nachdem die Klägervertreter am 12.06.2013 eine Klageschrift gegen die Beklagten eingereicht hatten, mit der die Anfechtung des Erbscheins und die Ausstellung eines neuen Erbscheins beantragt wurden, fand eine Verhandlung statt; das Gericht gab der Klage statt. Das Urteil vom 04.03.2014 über die Anfechtung des Erbscheins wurde durch den Revisionseinwurf eines Teils der Beklagtenvertreter überprüft. Nach Annahme der fristgerecht eingegangenen Revisionsschrift wurde die Akte samt aller Unterlagen geprüft und das Weitere erwogen:“

ENTSCHEIDUNG

Der Klägervertreter gab an, dass der Erblasser … am 10.07.1970 verstorben sei und obwohl die Kläger Erben seien, im Erbschein mit der Nummer … nicht als Erben aufgeführt seien. Er beantragte die Aufhebung dieses Erbscheins und die Ausstellung eines neuen Erbscheins, in dem die Erben des Erblassers … sowie deren Erbanteile bestimmt werden.

Die Beklagten … und … erklärten, die Klage anzuerkennen.

Das Gericht entschied auf Annahme der Klage und die Aufhebung des Erbscheins mit der Nummer ….

Ein Teil der Beklagtenvertreter hat das Urteil angefochten.

Gemäß Artikel 297 Absatz 2 der Zivilprozessordnung (HMK) muss im Urteil im Ergebnisteil, ohne Wiederholung von Begründungen, für jeden Antrag die Entscheidung klar und eindeutig unter einer fortlaufenden Nummer dargestellt werden, sodass keine Zweifel oder Unsicherheiten bei den den Parteien auferlegten Verpflichtungen und eingeräumten Rechten entstehen.

Im vorliegenden Fall wurde die Aufhebung des Erbscheins und die Ausstellung eines neuen Erbscheins beantragt. Das Gericht hat der Klage stattgegeben und die Aufhebung des Erbscheins beschlossen, jedoch keine Entscheidung bezüglich des Antrags auf Ausstellung eines neuen Erbscheins getroffen. In diesem Fall ist es nach Auffassung des Gerichts rechtsfehlerhaft, dass keine positive oder negative Entscheidung zum Antrag auf Ausstellung eines neuen Erbscheins im Sinne von Artikel 297 Absatz 2 HMK ergangen ist, weshalb das Urteil aus diesem Grund aufgehoben werden muss.

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