Vormundschaftsverfahren und Bestellung eines Vormunds

Was sind Vormundschaft und Vormund?

Rechtlich gesehen ist Vormundschaft eine juristische Beziehung, die erforderlich wird, wenn eine Person trotz Volljährigkeit aus bestimmten Gründen beschränkt wird oder wenn eine minderjährige Person keine elterliche Sorge hat. Das Vorliegen einer Vormundschaft kann sowohl aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgen als auch in einigen Fällen auf dem ausdrücklichen Antrag der betroffenen Person beruhen, die selbst unter Vormundschaft gestellt werden möchte.

Der Vormund hingegen ist der gesetzlich bestellte Vertreter, der das Vormundschaftsrecht über die betreffende Person ausübt.

Die Vormundschaft und somit die Rolle des Vormunds sind vom Gesetzgeber im türkischen Zivilgesetzbuch unter dem Titel „Vormund und Kurator“ im Artikel 403 wie folgt geregelt:

„Der Vormund ist verpflichtet, alle Interessen der unter Vormundschaft stehenden minderjährigen oder beschränkten Person in Bezug auf deren Persönlichkeit und Vermögen zu schützen und sie in Rechtsgeschäften zu vertreten. Ein Kurator wird zur Wahrnehmung bestimmter Aufgaben oder zur Verwaltung des Vermögens bestellt. Die Bestimmungen dieses Gesetzes über den Vormund gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch für den Kurator.“

Verantwortlichkeiten des Vormunds

Die Pflichten und Verantwortlichkeiten des Vormunds sind in den Artikeln 438 bis 444 des Türkischen Zivilgesetzbuches (TMK) geregelt. Diese umfassen unter anderem: „Buchführung“, „Aufbewahrung von Wertgegenständen“, „Verkauf von beweglichen Sachen“, „Einzahlung von Geld“, „Gewerbliche und industrielle Betriebe“ sowie „Verkauf von Immobilien“.

Darüber hinaus haftet der Vormund für sämtliche Schäden, die durch sein fahrlässiges Verhalten während der Ausübung seiner Vormundschaftspflichten entstehen.

Bezüglich der rechtlichen Haftung des Vormunds erläutert das Urteil des 18. Zivilkammer des Obersten Gerichts (Yargıtay) vom 07.01.2014, Aktenzeichen 2013/11987, Entscheidungsnummer 2014/7:

„Die Klage betrifft die Forderung auf Schadensersatz wegen eines Schadens, den der Vormund durch sein schuldhaftes Verhalten gegenüber der unter Vormundschaft stehenden Person verursacht hat. Im konkreten Fall ist weder während der Amtszeit des beklagten Vormunds ein Schaden durch eine Handlung oder Unterlassung zu Lasten des Betreuten entstanden, noch kann eine Entschädigung für Schäden vor der Bestellung des Vormunds zugesprochen werden. Da die Voraussetzungen für die Haftung des Vormunds gemäß den Artikeln 466 und folgenden des Türkischen Zivilgesetzbuches nicht erfüllt sind, hätte das Gericht die Klage abweisen müssen. Die Entscheidung zur Annahme der Klage aufgrund unbegründeter Erwägungen wird daher als nicht zutreffend angesehen.“

Welche Fälle erfordern eine Vormundschaft?

Die Fälle, die eine Vormundschaft erforderlich machen, sind gemäß den Artikeln 404 bis 408 des Türkischen Zivilgesetzbuches (TMK) wie folgt aufgeführt:

  1. Minderjährigkeit
  2. Entmündigung
    a. Geisteskrankheit oder geistige Schwäche
    b. Verschwendung, Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, schlechter Lebensstil, schlechte Verwaltung
    c. Freiheitsentziehende Strafe (Gefängnisstrafe)
    d. Auf Antrag (wegen Alter, Behinderung, Unerfahrenheit oder schwerer Krankheit)

Beendigung der Vormundschaft

Das Ende der Vormundschaft ist jeweils im Hinblick auf die einzelnen Voraussetzungen der Vormundschaft gesondert zu beurteilen. Dementsprechend endet die Vormundschaft über Minderjährige automatisch mit deren Volljährigkeit; die Vormundschaft über verurteilte Personen endet mit Beendigung der Haftstrafe. Die Vormundschaftsbeziehung bei sonstigen Bevormundeten endet durch Beschluss der zuständigen Vormundschaftsbehörde.

Zuständiges und örtlich zuständiges Gericht im Vormundschaftsverfahren

Im Vormundschaftsverfahren ist das örtlich zuständige Gericht das Gericht am Wohnsitz des Minderjährigen oder des Bevormundeten; das sachlich zuständige Gericht sind die Amtsgerichte für Familiensachen (Friedensgerichte). In diesem Zusammenhang benötigen die Parteien häufig einen Anwalt für Vormundschaftsrecht in Antalya, der die betreffende Klage einreicht und verfolgt.

Häufig gestellte Fragen

1. Wie wird ein Vormund bestellt?

Wie in den Artikeln 409 und 410 des Türkischen Zivilgesetzbuchs (TMK) festgelegt, umfasst das Verfahren zur Bestellung eines Vormunds die Anhörung der betroffenen Person und die Veröffentlichung der Entscheidung der Vormundschaftsbehörde auf Grundlage eines Gutachtenberichts.

Gemäß Artikel 419 des TMK kann bei Bedarf auch die Beschränkung von noch nicht volljährigen Personen beschlossen werden, wobei diese Entscheidung erst nach Erreichen der Volljährigkeit wirksam wird.

Als allgemeine Regel werden erwachsene, aber eingeschränkt geschäftsfähige Kinder nicht unter Vormundschaft gestellt, sondern bleiben unter elterlicher Sorge.

2. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Vormund zu werden?

Bezüglich der Voraussetzungen für die Ernennung zum Vormund ist zunächst zu beachten, dass die zu ernennende Person volljährig sein muss. Zusätzlich ist es zwingend erforderlich, dass der Vormundkandidat über die Fähigkeit zu gesundem Denken und Urteilen verfügt und in der Lage ist, die Vormundschaft zu übernehmen.

3. Welche Gründe verhindern die Vormundschaft?

Wie in Artikel 418 des Türkischen Zivilgesetzbuchs (TMK) festgelegt, können folgende Personen nicht zum Vormund bestellt werden: Geschäftsunfähige, von öffentlichen Ämtern ausgeschlossene Personen oder solche, die ein ehrloses Leben führen, Personen, deren Interessen in erheblichem Maße mit den Interessen der zu betreuenden Person kollidieren oder die mit dieser verfeindet sind, sowie Richter der zuständigen Vormundschaftsbehörden. Die genannten Situationen und Umstände stellen Hindernisse für die Vormundschaft dar.

4. Wie wird ein Vormund bei Haft bestellt?

Bei einer Haftdauer von einem Jahr oder mehr wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch das Amtsgericht für Familiensachen ein Vormund bestellt. Bei der Bestellung des Vormunds wird vorrangig nach polizeilichen Ermittlungen den nahen Angehörigen der Person (wie Kinder, Ehepartner, Mutter, Vater, Geschwister) der Vorrang eingeräumt.

5. Was sind die Pflichten des Vormunds bezüglich der Schlussabrechnung und der Übergabe des Vermögens?

Die Person, deren Vormundschaft endet, ist verpflichtet, dem Vormundschaftsgericht den letzten Bericht und die Schlussabrechnung über die Verwaltung vorzulegen. Darüber hinaus ist sie verpflichtet, das Vermögen der unter Vormundschaft stehenden Person für die Erben oder den neuen Vormund bereitzustellen.

6. Wann endet die Vormundschaft und Beschränkung nach der Bestellung eines Vormunds?

Wenn das Gericht die Bestellung des Vormunds auf unbestimmte Zeit vornimmt, dauert die Vormundschaft und Beschränkung an, bis ein gegenteiliger Antrag gestellt wird. Erfolgt die Bestellung durch das Gericht für eine bestimmte Zeit, endet sie mit Ablauf dieser Frist. Außerdem kann der Vormund, sofern keine Änderungen wie die Volljährigkeit des Minderjährigen oder das Ende der Haftstrafe des Beschränkten vorliegen, beim Gericht, das die Beschränkung angeordnet hat, eine Verlängerung der Vormundschaftszeit beantragen, wodurch die Vormundschaft fortgesetzt werden kann.

7. Kann der Vormund das unbewegliche Vermögen (Haus, Geschäft, Grundstück, Feld, Wohnung usw.) des Beschränkten verkaufen?

Der Vormund hat keine uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über den im Namen des Beschränkten eingetragenen Immobilienverkauf. Daher kann der Vormund den Verkauf oder eine ähnliche Verfügung nur mit Genehmigung der Vormundschaftsbehörde (Amtsgericht für Zivilsachen) vornehmen, sofern er darlegt, dass dies im Interesse des Beschränkten liegt. Diese Genehmigung kann nur unter den vom Gericht festgelegten Bedingungen (wie z.B. Versteigerung oder Verhandlung) erfolgen.

8. Kann der Vormund das Fahrzeug des Beschränkten verkaufen?

Der Vormund hat, ebenso wie beim Verkauf von Immobilien oder ähnlichen Verfügungen, keine uneingeschränkte Befugnis, das Fahrzeug des Beschränkten zu verkaufen. Hierfür muss er die Erlaubnis bei der Vormundschaftsbehörde, dem Amtsgericht für Zivilsachen, beantragen und den Verkauf anschließend unter den vom Gericht festgelegten Bedingungen durchführen.

9. Kann der Vormund Geld vom Bankkonto des Beschränkten abheben?

Der Vormund kann Geld vom Bankkonto des Beschränkten nur mit der Erlaubnis der Vormundschaftsbehörde, dem Amtsgericht für Handelssachen (Friedensgericht), nach Antragstellung abheben und die Transaktion durchführen.

10. Wie wird ein Vormund abberufen, wenn er seine Befugnisse missbraucht?

Wenn festgestellt wird, dass der Vormund seine Befugnisse missbraucht, kann er durch eine Klage auf Aufhebung oder Änderung der Vormundschaft vor dem Amtsgericht für Zivilsachen (Friedensgericht) abberufen oder ersetzt werden. Diese Klage kann vom Beschränkten (der unter Vormundschaft stehenden Person), den Angehörigen des Beschränkten oder sonstigen Beteiligten eingereicht werden.

11. Ich möchte kein Vormund sein, was kann ich tun?

In dringenden Fällen kann das Gericht ohne Zustimmung der bestimmten Person eine notwendige Prüfung durchführen und einen Vormund bestimmen. Wenn der Vormund die Aufgabe nicht ausüben möchte, kann er durch einen Antrag an das entscheidende Gericht die Abberufung und die Ernennung eines neuen Vormunds verlangen. Da die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Vormunds bis zur Neuregelung durch das Gericht fortbestehen, muss der Vormund seine Pflichten weiterhin sorgfältig erfüllen.

12.Warum und wie wird ein Vormund abberufen?

Die Gründe für die Abberufung des Vormunds sind im Artikel 483 des Türkischen Zivilgesetzbuchs (TMK) wie folgt erklärt:

„Der Vormund wird von der Vormundschaftsbehörde abberufen, wenn er seine Aufgabe grob vernachlässigt, seine Befugnisse missbraucht oder vertrauenszerstörendes Verhalten zeigt oder zahlungsunfähig wird. Wenn durch die Unzulänglichkeit des Vormunds bei der Ausübung seiner Pflicht die Interessen der unter Vormundschaft stehenden Person gefährdet sind, kann die Vormundschaftsbehörde den Vormund auch ohne dessen Verschulden abberufen.“

Das Verfahren zur Abberufung des Vormunds ist im Artikel 484 TMK geregelt:

„Die urteilsfähige unter Vormundschaft stehende Person oder jede sonstige beteiligte Person kann die Abberufung des Vormunds beantragen. Erkennt die Vormundschaftsbehörde anderweitig das Vorliegen eines Abberufungsgrundes, ist sie verpflichtet, den Vormund von Amts wegen abzuberufen.“

13.Wie erfolgt die Beschwerde und der Einspruch bei der Vormundschaftsbehörde?

Die unter Vormundschaft stehende Person und alle Beteiligten können, vorausgesetzt sie sind urteilsfähig, gegen alle Handlungen und Maßnahmen des Vormunds bei der Vormundschaftsbehörde Beschwerde einlegen. Ein Einspruch gegen die Entscheidungen der Vormundschaftsbehörde kann von den genannten Personen innerhalb von 10 Tagen nach Zustellung bei der Aufsichtsbehörde eingelegt werden.

Einige Entscheidungen des Kassationsgerichts bezüglich Vormundschaftsverfahren und Bestellung eines Vormunds

  1. „Nach den dargelegten Bestimmungen ist zwar das Gericht am Wohnsitz der beschränkt Geschäftsfähigen für die Bestellung eines Vormunds zuständig, jedoch befindet sich der Wohnsitz der beschränkt Geschäftsfähigen nach der Bestellung des Vormunds am Ort der Vormundschaftsbehörde, die die Beschränkungsentscheidung getroffen hat, nämlich in Ahlat, und ohne die Erlaubnis der Vormundschaftsbehörde darf der Wohnsitz der beschränkt Geschäftsfähigen nicht geändert werden. Weder wurde ein Antrag gestellt, noch liegt eine Entscheidung der Vormundschaftsbehörde über die Wohnsitzänderung der beschränkt Geschäftsfähigen in der Akte vor. In diesem Fall ist das zuständige Gericht für die Entscheidung über den Antrag des Klägers das Amtsgericht Ahlat, am Sitz der Vormundschaftsbehörde. Daher war es nicht korrekt, dass das Gericht über den Antrag des Klägers mit Unzuständigkeit nicht entschieden und die Akte an das Amtsgericht Ahlat überwiesen wurde.“ (Kassationsgericht, 18. Zivilsenat, Beschluss vom 02.02.2015, Aktenzeichen 2014/21410, Urteil 2015/1252)
  2. „Gemäß Artikel 470 des Türkischen Zivilgesetzbuches Nr. 4721 endet die Vormundschaft über Minderjährige zwar automatisch mit deren Volljährigkeit; die Verantwortung des Vormunds besteht jedoch fort, bis die Vormundschaftsbehörde die Beendigung seiner Aufgabe feststellt. Nach den Artikeln 489 ff. desselben Gesetzes ist der ausgeschiedene Vormund verpflichtet, der Friedensgerichtsbarkeit den Abschlussbericht und die Schlussabrechnung vorzulegen sowie das Vermögen für die Übergabe an die unter Vormundschaft stehende Person, deren Erben oder den neuen Vormund bereitzuhalten. Der Abschlussbericht und die Schlussabrechnung werden wie die regelmäßig vorzulegenden Berichte vom Friedensgericht geprüft und genehmigt. Nach Genehmigung des Abschlussberichts und der Schlussabrechnung sowie der Übergabe des Vermögens an die unter Vormundschaft stehende Person, deren Erben oder den neuen Vormund entscheidet das Friedensgericht über die Beendigung der Aufgabe des Vormunds. Das Friedensgericht teilt mit seiner Entscheidung über die Genehmigung oder Ablehnung des Abschlussberichts und der Schlussabrechnung zugleich mit, dass die unter Vormundschaft stehende Person, deren Erben oder der neue Vormund das Recht haben, Schadenersatzklagen gegen den Vormund zu erheben. Diese Mitteilung enthält auch die Beendigung der Amtszeit des Vormunds. Gemäß Artikel 492 desselben Gesetzes verjährt die Schadenersatzklage gegen den Vormund ein Jahr nach Zustellung der Schlussabrechnung. Nach dem letzten Absatz von Artikel 493 verjähren Schadenersatzansprüche aus der Vormundschaft spätestens zehn Jahre nach Zustellung der Schlussabrechnung. Im vorliegenden Fall endete die Vormundschaft über die Minderjährigen mit deren Volljährigkeit, jedoch wurde bei Prüfung der Vormundschaftsakte des Friedensgerichts Rize (Az. 1991/659, Beschluss 1991/551) festgestellt, dass die vorgenannten gesetzlichen Pflichten nicht erfüllt wurden und somit die Verantwortung des Vormunds weiterhin bestand. Ohne Berücksichtigung der Verjährungsbedingungen wurde die Klage vom Gericht fälschlicherweise wegen Verjährung abgewiesen.“ (Kassationsgericht, 18. Zivilsenat, Beschluss vom 18.12.2014, Aktenzeichen 2014/10634, Urteil 2014/18506)
  3. „In Artikel 396 des Türkischen Zivilgesetzbuches sind die Vormundschaftsorgane die Vormundschaftsabteilungen sowie die Vormünder und Pfleger geregelt. In Artikel 397 ist bestimmt, dass die öffentliche Vormundschaft von den Vormundschaftsbehörden, bestehend aus dem Vormundschaftsgericht und der Aufsichtsbehörde, ausgeübt wird. Das Vormundschaftsgericht ist das Friedensgericht, die Aufsichtsbehörde das Landgericht. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der öffentlichen Vormundschaft eine Hierarchie gemäß Artikel 461 zwischen den Vormundschaftsorganen – den Vormündern – und den Vormundschaftsabteilungen der Friedens- und Landgerichte geschaffen. Demnach ist das Friedensgericht die Vormundschaftsbehörde und erste Instanz für Beschwerden gegen Handlungen und Maßnahmen des Vormunds, während das Landgericht als Aufsichtsbehörde für Beschwerden gegen Entscheidungen des Friedensgerichts zuständig ist. Artikel 488 bestimmt, dass Betroffene gegen Entscheidungen der Vormundschaftsbehörde bezüglich der Verwaltung der Vormundschaft innerhalb von zehn Tagen nach Zustellung Widerspruch einlegen können. Die Aufsichtsbehörde entscheidet gegebenenfalls nach mündlicher Verhandlung endgültig über den Widerspruch. Da die Entscheidungen der Vormundschaftsbehörde bezüglich der Verwaltung der Vormundschaft nicht zulässig sind, ist die Sache zur Entscheidung über den Antrag an die Aufsichtsbehörde zurückzuverweisen.“ (Kassationsgericht 8. Zivilsenat, Beschluss vom 22.01.2018, Aktenzeichen 2017/8297, Urteil 2018/1014)
  4. „Der Kläger gab in der Scheidungsklage, die er aufgrund seiner Strafhaft durch seinen Vormund eingereicht hatte, an, dass auch seine Ehefrau dem Scheidungsantrag zustimme; die Beklagte erklärte in ihrer Klageerwiderung und in der mündlichen Verhandlung, dass sie der Scheidung zustimme. Das Gericht entschied, dass aufgrund der Inhaftierung des Klägers eine einvernehmliche Scheidung nicht möglich sei, setzte das Verfahren als streitig fort und wies die Klage ab. Der Kläger ist aufgrund der rechtskräftigen Freiheitsstrafe eingeschränkt. Als beschränkt geschäftsfähige Person kann der Kläger seine persönlichkeitsgebundenen Rechte nicht ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters ausüben (TMK Art. 16). Der Antrag des Klägers richtet sich auf die im Artikel 166/3 des Türkischen Zivilgesetzbuches geregelte „einvernehmliche Scheidung“. Das Gericht hätte den Kläger aus dem Gefängnis vorführen und die Beklagte laden sowie ihre Erklärungen einholen und bei Vorliegen der Voraussetzungen eine „einvernehmliche Scheidung“ entscheiden müssen. Daher wird die schriftliche Abweisung der Klage als nicht korrekt angesehen. ERGEBNIS: Die angefochtene Entscheidung wird aus den oben genannten Gründen aufgehoben…“ (Kassationsgericht 2. Zivilsenat, Beschluss vom 01.06.2015, Aktenzeichen 2015/945, Urteil 2015/11223)
  5. „Im vorliegenden Fall befand sich der Vermieter … vor seinem im Prozesszeitraum eingetretenen Tod unter Vormundschaft, und es wurde … als sein Vormund bestellt. Im Rahmen der dem Akteninhalt beigefügten Unterlagen zur betreffenden Vormundschaftsakte wird ersichtlich, dass der genannte Vormund am 10.09.2014 bei der Vormundschaftsbehörde beantragt hat, zur Wiederverpachtung der streitgegenständlichen Immobilie deren Wertgutachten erstellen zu lassen. Obwohl im Aktenumfang keine schriftliche Bestätigung über die Schlüsselübergabe an den Mieter vorliegt, lässt die Antragstellung des Vormunds beim Vormundschaftsgericht vom 10.09.2014 darauf schließen, dass die vermietete Immobilie zu diesem Zeitpunkt in den Machtbereich des Vermieters überging und das Räumungsdatum somit auf den 10.09.2014 festzusetzen ist. Daher haften die Beklagten für bis zum 10.09.2014 nicht gezahlte Mietrückstände. Für die Zeit danach sind sie nur bis zum Ende der Mietperiode verantwortlich, und zwar für den durch einen vom Gericht bestellten Sachverständigen ermittelten angemessenen Mietzins, der für eine erneute Vermietung der Immobilie unter gleichen Bedingungen verlangt werden kann. Dieser Anspruch auf angemessene Mietzahlungen ist schadensersatzähnlich und nicht liquid, weshalb in diesem Punkt keine Zwangsvollstreckungsentschädigung gegen die Beklagten verhängt werden kann. Außerdem ist unter Berücksichtigung der Regelung in § 7 des Vertrages, wonach die Sicherheitshalterung mit der Schuld verrechnet werden muss, entsprechend zu entscheiden. Das Gericht hat diese Gesichtspunkte nicht berücksichtigt und festgestellt, dass der Mietvertrag ab dem 01.01.2014 für ein Jahr galt, der Eigentümer verstorben ist und unter Vormundschaft steht, was durch das Schreiben der Vormundschaftsakte des 13. Amtsgerichts für Familiensachen Istanbul (Az. 2013/896) bestätigt wird. Es wurde festgestellt, dass die Immobilie im Jahr 2014 nicht neu vermietet werden konnte. Da der Eigentümer unter Vormundschaft steht, erfordert die Wiedervermietung ein langwieriges Verfahren. Aus diesem Grund sah das Gericht keine Notwendigkeit, eine angemessene Frist zu untersuchen. Angesichts der einzuholenden Genehmigung der Vormundschaftsbehörde, des Ausschreibungsverfahrens und der erneuten Zustimmung der Vormundschaftsbehörde nach Angebotsabgabe ist klar, dass die Wiedervermietung länger als ein Jahr dauert, was sich auch in der Praxis bestätigt. Deshalb wurde entschieden, dass der Mieter im zusammengeführten Verfahren für die gesamte Vertragsmiete verantwortlich ist. Diese Entscheidung beruht auf einer unzureichenden Untersuchung und fehlerhaften Bewertung. Aus diesem Grund wurde der Antrag auf Revision angenommen und der Beschluss der Kammer vom 25.11.2020 (Az. 2020/3321, Urteil 2020/7091), insbesondere Punkt (2), aufgehoben sowie das Urteil im zusammengeführten Verfahren aus den genannten Gründen aufgehoben.“ (Kassationsgericht 3. Zivilsenat, Urteil vom 08.06.2021, Aktenzeichen 2021/3369, Urteil 2021/6221)

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