
Das reibungslose Funktionieren des Strafjustizsystems beschränkt sich nicht nur auf die nach der Begehung einer Straftat durchgeführten Gerichtsverfahren; es hängt ebenso von der Wirksamkeit der von den Justizbehörden ergriffenen Maßnahmen und der Einhaltung dieser Maßnahmen ab. In diesem Zusammenhang ist das Versiegelungsverfahren, das zum Schutz von Orten, Gegenständen oder Dokumenten im Zusammenhang mit einer Straftat angewendet wird, von entscheidender Bedeutung, um die Sicherheit von Beweismitteln zu gewährleisten und die Integrität des Gerichtsverfahrens zu wahren. Artikel 203 des Türkischen Strafgesetzbuchs stellt die Handlung des „Siegelbruchs“ unter strafrechtliche Sanktionen und zielt darauf ab, die Verletzung der von den öffentlichen Behörden getroffenen Maßnahmen zu verhindern. In diesem Artikel werden die Definition, die Tatbestandsmerkmale, die strafrechtlichen Sanktionen und praxisbezogene Beispiele für das Verbrechen des Siegelbruchs behandelt.
RECHTLICHE DEFINITION DES VERBRECHENS
Das Verbrechen des Siegelbruchs ist in Artikel 203 des Türkischen Strafgesetzbuchs geregelt und betrifft eine Handlung, die die von der öffentlichen Behörde ergriffenen Schutzmaßnahmen verletzt. Der Gesetzgeber definiert dieses Verbrechen wie folgt: „Wer ein Siegel entfernt oder in einer Weise handelt, die dem Zweck des gesetzten Siegels zuwiderläuft, das nach Gesetz oder auf Anordnung einer zuständigen Behörde angebracht wurde, um etwas zu schützen oder dessen unveränderte Erhaltung zu gewährleisten, wird mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.“
Zweck dieser Vorschrift ist es, den rechtlichen Schutz der von den Justiz- oder Verwaltungsbehörden durchgeführten Versiegelungsverfahren sicherzustellen. Das Siegel stellt nämlich nicht nur ein physisches Zeichen dar, sondern repräsentiert auch einen rechtlichen Willen und eine Schutzentscheidung. Das Versiegeln wird häufig angewendet, um die Vernichtung von Beweismitteln, die unbefugte Nutzung von Eigentum oder die Durchführung bestimmter Handlungen außerhalb festgelegter Verfahren zu verhindern. Daher stellt das bewusste Eingreifen in ein gesetztes Siegel oder ein Verhalten, das diesem widerspricht, eindeutig eine Verletzung der öffentlichen Ordnung und der Autorität der Justiz- bzw. Verwaltungsbehörden dar.
TATBESTANDSMERKMALE DES VERBRECHENS
Das Verbrechen des Siegelbruchs weist, unter Berücksichtigung sowohl seiner objektiven als auch seiner subjektiven Elemente, folgende grundlegende Bausteine auf:
1- Täter: Dieses Verbrechen, geregelt in Artikel 203 des Türkischen Strafgesetzbuchs, ist eine allgemeine Straftat, die von jeder Person begangen werden kann.
2- Tat (Handlungselement): Das Verbrechen ist als eine Tat mit Alternativhandlungen ausgestaltet. Die vom Gesetzgeber definierten und das Verbrechen begründenden Alternativhandlungen sind: das Entfernen des Siegels oder die Nutzung des Siegels in einer Weise, die dem Zweck seiner Anbringung widerspricht.
- Entfernung des Siegels: Dies bezeichnet das Wirksam-Machen eines Siegels, das nach Gesetz oder auf Anordnung einer zuständigen Behörde angebracht wurde, durch physische Eingriffe wie Abnehmen, Demontieren, Zerbrechen, Beschädigen, Zerreißen oder Verbrennen. Solche Handlungen führen direkt zur Begehung des Verbrechens des Siegelbruchs.
- Nutzung des Siegels entgegen seinem Zweck: Wenn das Siegel nicht entfernt oder beschädigt wird, kann das Verbrechen dennoch begangen werden, indem Handlungen ausgeführt werden, die dem Zweck der Anbringung des Siegels widersprechen. Selbst wenn das Siegel physisch intakt bleibt, wird das Betreten des durch das Siegel geschützten Bereichs, die Ausübung von Aktivitäten dort oder die Verletzung der durch das Siegel auferlegten Verbote ebenfalls unter das Verbrechen des Siegelbruchs gefasst. Ein Beispiel hierfür ist die Fortsetzung von Tätigkeiten in einem versiegelten Geschäft.
3- Durch das Verbrechen geschütztes Rechtsgut: Das grundlegende rechtliche Interesse, das durch das Verbrechen des Siegelbruchs geschützt wird, ist die Gültigkeit und Unantastbarkeit der von der öffentlichen Behörde im Rahmen administrativer und gerichtlicher Verfahren getroffenen Maßnahmen.
4- Subjektives Element: Dieses Verbrechen kann nur vorsätzlich begangen werden. Für die Begehung des Verbrechens muss der Täter wissen, dass das Siegel von einer zuständigen Behörde zum Schutz oder zur Erhaltung des Gegenstands angebracht wurde, und muss Handlungen ausführen, die das Entfernen des Siegels oder andere Handlungen beinhalten, die dem Zweck der Anbringung zuwiderlaufen.
DIE LAGE DES VERBRECHENS BEI UNGÜLTIGER SIEGELUNG
Damit das Verbrechen des Siegelbruchs (Entfernung) verwirklicht wird, reicht es nicht aus, dass lediglich eine physische Handlung erfolgt; diese Handlung muss auch auf ein rechtlich gültiges Versiegelungsverfahren gerichtet sein. Mit anderen Worten, eine Voraussetzung für die Entstehung des Verbrechens ist, dass das Siegel gemäß Gesetz oder auf Anordnung einer zuständigen Behörde und unter Einhaltung der vorgeschriebenen Verfahren angebracht wurde.
Das Versiegelungsverfahren muss auf einer bestimmten gesetzlichen Befugnis beruhen. Diese Befugnis wird beispielsweise von öffentlichen Institutionen wie Gemeinden, Landratsämtern, Gouvernements, dem Gesundheitsministerium oder der Landwirtschafts- und Forstdirektion ausgeübt. Nicht jede öffentliche Institution hat jedoch in jedem Fall das Recht, Siegel anzubringen; damit das Versiegelungsverfahren rechtmäßig ist, muss es sowohl von der zuständigen Institution durchgeführt werden als auch auf einer im konkreten Fall anwendbaren gesetzlichen Vorschrift basieren.
Wenn das Versiegelungsverfahren von einer nicht autorisierten Behörde durchgeführt wurde oder keine gesetzliche Grundlage dafür besteht, hat diese Maßnahme keine rechtliche Wirkung. In einem solchen Fall ist die durchgeführte Versiegelung als nicht existent anzusehen. Auch wenn das Siegel physisch vorhanden ist, wird sein Entfernen oder die Nutzung entgegen seinem Zweck nicht als Siegelbruch angesehen, da es rechtlich nicht gültig ist.
VERJÄHRUNGSFRIST, ANZEIGEFRIST UND ZUSTÄNDIGES GERICHT
Das Verbrechen des Siegelbruchs unterliegt keiner Anzeigepflicht und wird von der Staatsanwaltschaft von Amts wegen untersucht. Obwohl es keine Anzeigefrist für die Einleitung der Untersuchung gibt, unterliegt der Prozess einer Verjährungsfrist von 8 Jahren. Diese Frist beginnt ab dem Datum der Tatbegehung. Außerdem fällt dieses Verbrechen nicht in den Bereich der Mediation; eine einvernehmliche Lösung zwischen den Parteien ist nicht möglich. Die Verhandlung findet vor dem Strafgericht erster Instanz (Asliye Ceza Mahkemesi) statt.
AUSSETZUNG DER URTEILSVERKÜNDUNG, STRAFAUFSCHUB UND GELDSTRAFE
Die Strafe für das Verbrechen des Siegelbruchs beträgt eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 3 Jahren oder eine Geldstrafe. Sollte eine Freiheitsstrafe verhängt werden, ist deren Umwandlung in eine Geldstrafe nicht möglich; es ist jedoch möglich, die Strafe auszusetzen oder die Verkündung des Urteils aufzuschieben. Das Verbrechen des Siegelbruchs unterliegt nicht den Vorschriften über nachträgliche Reue.
ENTSCHEIDUNGEN DES OBERSTEN GERICHTSHOFS
„…Unter Berücksichtigung des Beschlusses der Generalversammlung für Strafsachen des Obersten Gerichtshofs vom 08.03.2016, Aktenzeichen 2015/1121 – 2016/111, wird keine Fehlerhaftigkeit in der Annahme des Gerichts festgestellt, dass „das Protokoll über die Handlung des Siegelbruchs auf den 14.05.2010 datiert ist und die Klägerin Başkent Elektrik Dağıtım A.Ş am 28.01.2009 privatisiert wurde, wodurch sie ihre Eigenschaft als befugte öffentliche Behörde zum Versiegeln gemäß Artikel 203 des TCK verloren hat und die Voraussetzungen für das dem Angeklagten zur Last gelegte Verbrechen des Siegelbruchs nicht erfüllt sind, sodass er freigesprochen wird…“ (Oberster Gerichtshof, 2. Strafabteilung, 2016/7128 E., 2016/11300 K., 15.06.2016).
„…Für die Bejahung des Rechtswidrigkeitselements in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal des Siegelbruchs ist eine gesetzliche Grundlage der Versiegelungsbefugnis erforderlich. Da die Stromverwaltung privatisiert wurde, unterliegt die Versiegelung, die die unrechtmäßige Stromnutzung verhindern soll, nicht der öffentlichen Rechtsgarantie. In den einschlägigen Gesetzen ist keine Befugnis für private Unternehmen zur Versiegelung vorgesehen, noch gibt es Bestimmungen, nach denen bei entgegenstehendem Verhalten Artikel 203 TCK anzuwenden wäre. Folglich hat eine juristische Person des Privatrechts kein Recht zur Ausübung öffentlicher Befugnisse, und die durch eine Behörde mit auf Verfassung und Gesetz gestützter öffentlicher Befugnis vorgenommene Versiegelung endet durch die Privatisierung. Ohne Berücksichtigung dessen, dass die Voraussetzungen des dem Angeklagten zur Last gelegten Verbrechens des Siegelbruchs nicht gegeben sind, erfolgte die Verurteilung anstelle eines Freispruchs, was aufgehoben werden musste…“ (Oberster Gerichtshof, 13. Strafabteilung, 2017/4796 E., 2019/5819 K., 08.04.2019).
„…Wie im Beschluss der Generalversammlung für Strafsachen des Obersten Gerichtshofs, Aktenzeichen 2014/2–455 E., 2014/541 K., vom 09.12.2014 dargelegt, entsteht das Verbrechen des Siegelbruchs durch die Entfernung des Siegels oder durch ein Verhalten, das dem Zweck des Siegels zuwiderläuft. Das Verbrechen wird begangen, wenn eine der wahlweise möglichen Handlungen durchgeführt wird.
Die erste der wahlweise möglichen Handlungen besteht in der Entfernung des Siegels, das auf Anordnung des Gesetzes oder der zuständigen Behörde angebracht wurde. Die Entfernung kann dadurch erfolgen, dass das Siegel von dem Gegenstand, auf dem es angebracht ist, abgenommen oder beschädigt wird. Die andere wahlweise Handlung im Hinblick auf die Entstehung des Verbrechens besteht darin, gegen den Zweck des Siegels zu verstoßen. Für die Durchführung dieser wahlweisen Handlung ist es nicht erforderlich, dass das Siegel physisch entfernt wird. Im vorliegenden Fall wurde das Siegel nicht physisch entfernt; es muss festgestellt werden, ob gegen den Zweck des Siegels verstoßen wurde, insbesondere ob durch Eingriffe am versiegelten Zähler illegale und unrechtmäßige Stromnutzung erfolgt ist…“ (Oberster Gerichtshof, 2. Strafabteilung, 2014/35212 E., 2015/3103 K., 18.02.2015).
Anwalt. Gökhan AKGÜL & Anwalt. Yasemin ERAK
Siegelbruch in Antalya – STRAFRECHTSANWALT IN ANTALYA
Das Verbrechen des Siegelbruchs ist ein schwerwiegendes Delikt, das entsteht, wenn ein von offiziellen Stellen versiegelter Ort, Gegenstand oder ein Dokument ohne Erlaubnis geöffnet oder das Siegel beschädigt wird. Dieses Vergehen, das in Artikel 203 des Türkischen Strafgesetzbuches geregelt ist, hat insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit administrativer Verfahren große Bedeutung.
Für Personen in Antalya, die mit dem Vorwurf des Siegelbruchs konfrontiert sind, ist es von entscheidender Bedeutung, professionellen rechtlichen Beistand von einem auf Strafrecht spezialisierten Anwalt in Antalya zu erhalten, um keinen Nachteil zu erleiden und den Prozess korrekt zu steuern. Unsere Kanzlei bietet in allen Strafsachen, insbesondere bei Siegelbruchfällen, effektive und ergebnisorientierte anwaltliche Dienstleistungen für ihre Mandanten an.